Renaissancehof - Weilburger Rundgang

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Station 9: Renaissancehof
  
  
   Der Renaissancehof – Zeugnis meisterlicher Baukunst und die Erzählung „Der Stadtpfeifer“

Wenn Sie den Schlosshof betreten, lassen Sie den maleri­schen Zauber eines Hofes der Renaissance auf sich wir­ken. Der Rosenbusch am Uhrenturm könnte der Beleg für das sa­genumwobene Märchenschloss sein, in dem Dorn­röschen auf seinen Prinzen wartete.


Einmal fand dieses Bild auch als Zeichnung Eingang in eine der ersten Ausgaben der “Grimmschen“ Märchen­sammlung (1867). Üblicherweise gilt aber die Sababurg bei Kassel als Dornröschenschloss.
Dies schmälert aber in keiner Weise die Schönheit des Ho­fes, der in jedem Sommer zu den “Internationalen Weil­burger Musikfestspielen“ Besucher aus Nah und Fern nach Weilburg lockt. Musik und das gesamte Ambiente lassen das Flair der fürstlichen Epoche neu entstehen - heute je­doch für alle, die es möchten und nicht nur für wenige Pri­vilegierte.


Auf den Mauern einer alten Burg wurden die vier Flügel des Schlosses errichtet: Zuerst der Ost­flügel mit dem Uhrenturm. Es folgte der Südflügel, vor dem sich der Löwenbrunnen befindet, danach der Westflügel mit dem Pfei­ferturm, so genannt, weil sich oben die Wohnung des Stadt­pfeifers befand, und zum Schluss der Nordflügel mit den herr­lichen Arkaden.


Die Grafen Philipp III. (1540-1545) und Albrecht (1567-1572) als Auftraggeber, drei Baumeister und Kunsthandwerker sowie zahlreiche Meister, Gesellen und Lehrlinge aus den verschiedenen Zünften  waren beim Start dieser Baumaß­nahmen beteiligt: Nikolaus Schickedanz,  Balthasar Wolff und Ludwig Kempf. Bei den weiteren ergänzenden und verschönernden Maßnahmen folgten die Baumeister Graf Georg Robin, die Marmorierung der Säulen und der Holz­masken  hatten Adolf Schröder und Heinrich Wend gestal­tet. Erst in den Jahren von 1580 bis 1590 wurde die Vier­flügelanlage durch den „Küchenstubenbau“ geschlossen. Erst im 17. Jahrhundert – im Jahr 1662 – entstanden die vier „Fachwerkzwerchhäuser“.  

Leben als Stadtpfeifer
Der Stadtpfeifer war für die Musik in der Stadt verant­wort­lich und musste zugleich die Aufgabe eines „Tür­mers“ wahrnehmen. Dazu gehörten, in 15 Minutentakten die Zeit durch Blasen einer Trompete anzuzeigen und zur Stunde die Glocke zu läuten. Weiter musste er Ausschau halten, ob ir­gendwo in der Stadt oder Umgebung ein Feuer ausbrach.

In der 1874 entstandenen Novelle „Der Stadtpfeifer“ gibt Wilhelm Heinrich Riehl Einblick in das einfache Leben ei­ner bürgerlichen Familie, die im Dienste des herzoglichen Hofes lebt und arbeitet.
Auf den Ort der Handlung ver­weist heute der achteckige Stadt­pfeiferturm am Eingang zum Weilburger Renaissancehof.


Lassen Sie einen Ausschnitt der Riehl´chen Novelle auf sich wir­ken:
Das junge Paar hauste nun auf dem Schlossturme zu Weil­burg. In sinkender Nacht waren sie angekommen. Da hatte der Stadtpfeifer, als er von wei­tem das Lahnwehr der Weilburger Brückenmühle rau­schen hörte, nicht länger an sich halten kön­nen: er musste sein Gewissen entlasten und der Frau beken­nen, dass er nur noch einen Krontaler im Vermögen habe.

Dass dieser einzige aber auch schon zur Deckung der Über­zugskosten in Ausgabe geschrieben sei. Die Frau er­schrak wohl anfangs; allein die letzten Stunden waren so traulich ge­wesen unter dem Linnendach des Wagens, die Lahn rauschte ihnen so heimelig entgegen, Heinrich hielt ihre Hand fest in der seinigen: – die Liebe überwindet al­les.

Sie überwand auch diesen einzigen Krontaler und heiter, ver­söhnt mit sich und seinem Geschick stieg das Paar zuletzt Arm in Arm die hohe Wendeltreppe zum Turme hinauf, indem Phi­lipp Ketter die schwere Heiratskiste mit der Aussteuer Christi­nens keuchend hinterdrein trug. Als er die Kiste oben abge­setzt, nahm er den Krontaler in Empfang, und der Stadtpfeifer war ordentlich froh, dass er das Geldstück los war, welches ihm so viel Not gemacht hatte.

Obwohl Frau Christine als die klügste Hauswirtin waltete und sofort einige überflüssige Stücke ihrer Aussteuer ver­kaufte, um bares Geld zu bekommen, musste sie bald den Notpfennig an­brechen, und er wurde immer kleiner und kleiner.
In den ersten Monaten hatte sie, dem Herkommen des vä­terli­chen Hauses getreu, an jedem Sonntag einen Kuchen geba­cken. Der Kuchen gehörte so nötig zu einem Sonntag wie Glo­ckengeläute, Orgelspiel und Chorgesang. ….
Da spürte Christine allmählich den Unterschied zwischen Dorf und Stadt, und der Sonntagskuchen ward beträcht­lich kleiner.“

In der Residenz – Buchhandlung (Neugasse) können Sie sich diese lesenswerte Novelle kaufen.

Ein Durchgang neben dem Löwenbrunnen ermöglicht Ih­nen den Wechsel in den Schlossgarten, der oberen Oran­gerie. (Im Durchgang können Sie eine Toilettenanlage nut­zen.)  ZUM MENUE
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